Wie hören Tiere unter Wasser?

Jede Tierart hat sich im Laufe der Evolution an ihren Lebensraum angepasst. Auch ihre Sinnesorgane haben sich entsprechend spezialisiert oder zurückgebildet. Das Gehör der verschiedenen Meeresbewohner hat sich an die Bedingungen unter Wasser sehr unterschiedlich angepasst, um Geräusche ihrer Umgebung zu detektieren, lokalisieren und zu interpretieren. Von einigen Tieren, die in aquatischen Umgebungen leben, zum Beispiel marinen Säugetieren, weiß man durch Untersuchungen bereits ziemlich genau, wie sie unter Wasser hören. Für tauchende Vögel hingegen gibt es bisher erst wenige Erkenntnisse zu den Hörfähigkeiten.

Meeressäuger

Die wesentlichen Merkmale des Gehörs von marinen Säugetieren und Landsäugetieren sind ähnlich. Die gesamte Anatomie der Meerestiere hat sich jedoch während der Evolution an das Leben im Wasser angepasst und so natürlich auch das Hören.

Bei Robben hat sich die äußere Ohrmuschel zurückgebildet oder ist ganz verschwunden und auch Wale besitzen keine äußere Ohrmuschel mehr. Nicht nur die Schädelstruktur der heutigen Wale unterscheidet sich sehr von denen anderer Säugetiere; auch ihr Hörsystem hat sich stark verändert und an das marine Leben angepasst. Der Gehörgang von Walen gilt beispielsweise als funktionslos in der Schallweiterleitung. Zahnwale, zu denen die Delfine gehören, leiten den Schall über ihren speziell angepassten Unterkiefer, der von Fettgewebe umgeben ist, zum Mittelohr weiter. Zusätzliche Anpassungen der Basilarmembran im Innenohr führen dazu, dass Zahnwale besonders die hochfrequenten Töne gut wahrnehmen, die sie auch für die Echoortung nutzen [1]. Bartenwale hingegen nutzen vor allem die knöchernen Strukturen für die Übertragung von Schallwellen; vor allem niederfrequente Töne können so optimal wahrgenommen werden [2].

Fische

Fische haben verschiedene Systeme entwickelt, um Geräusche wahrzunehmen. Kleine Gehörsteinchen aus Kalk im Innenohr der Fische, sogenannte Otolithen, werden durch Schallwellen in Bewegung gesetzt. Da sie dichter sind als der Körper der Fische, bewegen sie sich langsamer und der Unterschied zwischen der Bewegung der Otolithen und den Sinneshärchen, die durch die Bewegung angeregt werden, wird als Schall wahrgenommen [3].

Fische, deren Schwimmblase in unmittelbarer Nähe zum Innenohr liegt oder gar damit verbunden ist, können die Schwimmblase als Resonanzkörper nutzen und haben dadurch eine stärkere Hörempfindlichkeit.

Neben dem auditiven System nutzen Fische auch die mechanosensorische Seitenlinie zur Erkennung von Wasserströmungen, die auch durch Schallwellen verursacht werden können. Das linienförmige Sinnesorgan besteht aus vielen feinen Sinneshaaren in kleinen Kanälen unter der Hautoberfläche, mit dem die Fische feinste Druck- und Strömungsunterschiede in unmittelbarer Umgebung wahrnehmen und sich somit auch in großen Schwarmstrukturen koordinieren [4].

Wirbellose Meerestiere

Wirbellose Meerestiere können nicht im eigentlichen Sinne hören. Es wird jedoch angenommen, dass sie die durch Schallwellen erzeugten Vibrationen und (Teilchen-) Bewegungen wahrnehmen können. Die meisten Krebstiere nutzen feine sensorische Haare auf ihrem Körper. Einige marine Wirbellose besitzen zudem Mechanorezeptoren in ihren Beingelenken oder Antennen, die mit dem Zentralnervensystem verbunden sind. Schwingungen, die durch Wasser oder Substrat übertragen werden, können die Tiere spüren und sie helfen ihnen, ihre Umgebung zu erfassen. Forscher nehmen zudem an, dass die Statocyste, das Gleichgewichtsorgan mariner Invertebraten, kleinste Bewegungen durch Schallwellen erfasst und somit auch bei der Geräuscherkennung hilft [5].

Image
Nahaufnahme Crustacea
Krebstiere „hören“ nicht im engeren Sinne, nehmen Schall jedoch über feine sensorische Haare auf ihrem Körper wahr. | Copyright: Pxfuel (CC0 1.0)

 

[1] Ketten, DR (1994). "Functional analyses of whale ears: adaptations for underwater hearing". Conference: OCEANS '94. 'Oceans Engineering for Today's Technology and Tomorrow's Preservation.' ProceedingsVolume: 1. DOI: 10.1109/OCEANS.1994.363871.

[2] Cranford TW and Krysl P (2015). "Fin Whale Sound Reception Mechanisms: Skull Vibration Enables Low-Frequency Hearing." PLoS ONE 10(1): e0116222. DOI: 10.1371/journal.pone.0116222.

[3] Putland RL, Montgomery JC and Radford CA (2018). "Ecology of fish hearing." Journal of Fish Biology 95(1). DOI: 10.1111/jfb.13867. 

[4] Popper, AN and Fay, RR (1993). "Sound Detection and Processing by Fish: Critical Review and Major Research Questions (Part 2 of 2)." Brain Behavior and Evolution 41(1): 14-38. DOI: 10.1159/000316111.

[5] Popper, AN, Salmon, M and Horch, KW (2001). "Acoustic detection and communication by decapod crustaceans." Journal of Comparative Physiology 187(2): 83-9. DOI: 10.1007/s003590100184.